Flugverspätung: Diese Entschädigung steht Ihnen zu 

Von: Allianz Redaktion / Lesezeit: 8 Min / veröffentlicht am: 28.07.2022

Es passiert leider weit öfter als es einem lieb wäre: Die Flugverspätung. Meist ist sie verbunden mit langem Warten, Unsicherheit und Frust. So eine Flugverspätung kann außerdem weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Verspätete Ankunft am Zielort, Verpassen von Anschlussflügen und finanzielle Einbußen stehen dabei ganz oben auf der Liste. Zumindest finanziell kann man sich in vielen Fällen auf seine Fluggastrechte berufen. Je nach Flugverspätung steht Ihnen unter Umständen eine Ausgleichszahlung als Entschädigung zu. Fluggesellschaften zahlen diese zwar oft nur mit großem Widerwillen, aber wenn man seine Fluggastrechte kennt und weiß, wie man vorzugehen hat, führt das in der Regel zu Erfolg. Wir verraten Ihnen, was Ihnen zusteht, auf welche Rechtslage Sie sich berufen können und wie Sie am besten vorgehen. 

Inhaltsverzeichnis:

Bei Flugverspätungen von Flügen innerhalb der EU bzw. in die EU mit in der EU hauptansässigen Fluglinien gilt seit 2004 die EU-Fluggastrechteverordnung. Diese Richtlinie legt genau fest, in welchem Ausmaß eine Flugverspätung kompensiert oder entschädigt werden muss und welchen Verpflichtungen die Fluglinie nachzukommen hat. 

Die Fluglinie ist zur Bereitstellung von Betreuungsleistungen am Abflughafen verpflichtet bei: 

  • Flugstrecken bis zu 1.500 km ab 2 Stunden Abflugverspätung
  • Flugstrecken bis zu 1.500 km innerhalb der EU ab 3 Stunden Abflugverspätung
  • Flugstrecken von 1.500 bis 3.500 km (nicht innerhalb der EU) ab 3 Stunden Abflugverspätung
  • Flugstrecken ab 3.500 km (nicht innerhalb der EU) ab 4 Stunden Abflugverspätung

Liegt eine von der Fluglinie verursachte Abflugverspätung im beschriebenen Ausmaß vor, muss die Fluglinie kostenlose Snacks und Erfrischungen anbieten und außerdem bei Bedarf eine kostenfreie Kontaktaufnahme per E-Mail oder per Telefon ermöglichen. In der Praxis ist es meist so, dass die Fluglinie Gutscheine für bestimmte Flughafenrestaurants ausgibt. 

Kommt die Airline ihren Pflichten in Bezug auf die Verpflegungsleistungen nicht nach, empfiehlt es sich, erst einmal Kontakt aufzunehmen und nachzufragen. Ist das Flugunternehmen dennoch nicht bereit, bestimmte Leistungen zu bieten und man ist gezwungen, eigene Ausgaben zu tätigen, sind unbedingt alle Rechnungen und Belege aufzubewahren. Nur so kann im Nachhinein eine Reklamation durchgeführt werden.

Je nachdem, wie lange die Wartezeit ist und abhängig von der jeweiligen Situation müssen unter Umständen auch weitere Betreuungsleistungen angeboten werden, etwa der Transfer zu einem Hotel bzw. eine Übernachtung. Hier kommt es auf die Verhältnismäßigkeit an. Verschiebt sich ein Flug auf den nächsten Tag, sollte die Fluggesellschaft eine Übernachtung im Hotel bereitstellen. 

Auch in diesen Fällen besonders wichtig: Weigert sich die Fluglinie, bestimmte Versorgungsleistungen anzubieten, unbedingt alle Rechnungen und Belege über selbst geleistete Ausgaben aufbewahren!

Überhaupt lohnt es sich, alle schriftlichen Beweisstücke (Rechnungen, Bordkarte, Gutscheine, etc.) zu sammeln und sich im besten Fall den Verspätungsgrund von der Fluggesellschaft direkt schriftlich bestätigen zu lassen. 

Ist die Ankunft des Fluges um 3 Stunden oder mehr verspätet, hat man zusätzlich Anspruch auf eine Ausgleichszahlung als Entschädigung. Dieser Anspruch besteht auch bei Nichtbeförderung oder Stornierung des Fluges und kann bis zu 3 Jahre rückwirkend reklamiert werden. Die Ausgleichszahlung beträgt zwischen 250 und 600 Euro und ist gestaffelt nach Länge der Flugstrecke: 

  • Kurzstrecken bis zu 1.500 km: 250 Euro Entschädigung
  • Mittelstrecken von 1.500 bis 3.500 km: 400 Euro Entschädigung
  • Langstrecken über 3.500 km: 600 Euro Entschädigung

Liegt die Ankunftszeit bei Flügen von über 3.500 km nicht mehr als 4 Stunden hinter der planmäßigen Ankunft, kann die Ausgleichszahlung um die Hälfte gekürzt werden. 

Ab einer Verspätung von 5 Stunden steht es dem Fluggast zu, anstatt einer Entschädigung auf die Erstattung der Flugkosten zu bestehen. In diesem Fall verfällt somit natürlich das Flugticket und die Fluglinie ist nicht zur Weiterbeförderung verpflichtet. 

Außerdem gibt es noch einige Ausnahmefälle, in denen keine finanzielle Entschädigung zusteht:

  • Wenn die Fluggesellschaft beweisen kann, dass die Flugverspätung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen ist. Dazu zählen Unwetter, politische Instabilität, Sicherheitsrisiken, etc. 
  • Wenn die Fluggesellschaft einen alternativen Flug anbietet und die Fluggäste darüber zeitgerecht informiert (bei Benachrichtigung zwischen 14 und 7 Tage vorher: Abflug max. 2 Stunden früher und Ankunft max. 4 Stunden später, bei Benachrichtigung weniger als 7 Tage vorher: Abflug max. 1 Stunde früher und Ankunft max. 2 Stunden später).

Ist der Flug nicht nur verspätet, sondern fällt er komplett aus, haben Fluggäste verschiedene Möglichkeiten der Kompensation. Bei Flugannullierung oder Flugausfall haben Reisende Anspruch auf die folgenden Leistungen: 

  • Erstattung der Ticketkosten und kostenlosen Rücktransport an den Ausgangsort
  • alternative, vergleichbare Beförderung an den Zielort
  • Rückflug an den Ausgangsort 

Storniert man den Flug von sich aus, handelt es sich nicht um eine Flugannullierung. Diese Regelung tritt nur in Kraft, wenn die Fluglinie für die Streichung des Fluges verantwortlich ist.

Bietet die Fluggesellschaft ausschließlich die Erstattung der Kosten des ursprünglichen Tickets und keine alternative Beförderung an, kann man die Mehrkosten eines vergleichbaren neuen Tickets zurückverlangen. 

Auch bei Flugverspätungen bei Pauschalreisen besteht ein Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Fluggastrechteverordnung gilt für Pauschalreisende genau so wie für alle anderen. Ausgleichszahlungen oder andere Leistungen basierend auf den EU-Fluggastrechten müssen allerdings direkt bei der Fluglinie geltend gemacht werden. 

Aber auch beim Anbieter der Pauschalreise kann unter gewissen Umständen eine Entschädigung verlangt werden. Ist der Abflug erheblich verzögert wird das als Reisemangel gewertet und rechtfertigt eine Reduzierung des Reisepreises. Dabei hält man sich an die sogenannte „Frankfurter Tabelle“. Anhand dieser Tabelle lässt sich der Anspruch auf Preisminderung bei Pauschalreisen berechnen. Im Fall einer Flugverspätung von über 4 Stunden hat man Anspruch auf eine Reduzierung um 5% des anteiligen Reisepreises für einen Tag für jede weitere Stunde. 

Kommt es zu einer erheblichen Verspätung, die die Pauschalreise grundlegend negativ beeinflusst, etwa, weil die Abfahrt des Kreuzfahrtschiffes verpasst wird und man nicht einfach zusteigen kann, gibt es die Möglichkeit, komplett von der Reise zurückzutreten.

Auch wenn eine Reise aus mehreren Flügen besteht und man als Reisender einen Anschlussflug wegen einer Flugverspätung verpasst, kann eine Entschädigung verlangt werden. Ausschlaggebend hierbei ist die verspätete Ankunftszeit. Gestaffelt sind die Ausgleichszahlungen wie bereits erwähnt von 250 Euro (Kurzstrecke) bis zu 600 Euro (Langstrecke). 

Wichtig ist also jener Flug, der einen zum Anschlussflughafen bringt und wegen dem man seinen Anschlussflug verpasst. Dieser Zubringerflug muss die Voraussetzungen der EU-Fluggastrechteverordnung erfüllen, damit die Ansprüche daraus bestehen. Das heißt, der Flieger muss in einem EU-Land gestartet sein bzw. in einem EU-Land landen. Ist allerdings nur die Landung in einem EU-Land, dann muss die Airline außerdem ihren Sitz in einem EU-Land haben.

Es kann sich durchaus schwierig gestalten, zu seinem Recht auf Entschädigung zu kommen. Grundsätzlich ist es wichtig, über seine Rechte Bescheid zu wissen und sich bereits beim ersten Gespräch mit der Fluggesellschaft darauf berufen zu können. Etwa, wenn die entsprechenden Betreuungsleistungen am Flughafen nicht geboten werden. 

Auch wenn man bis zu 3 Jahre Zeit hat, sollte man sich zur Reklamation des Schadenersatzes möglichst rasch mit der Fluglinie schriftlich in Verbindung setzen. Reagiert die Fluggesellschaft nicht auf die schriftliche Reklamation der Entschädigung, kann man sich an die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte wenden.

Damit es erst gar nicht so weit kommt, dass die Fluglinie die Ausgleichszahlung aufgrund von Flugverspätung verweigert, sollte man beim Antrag formell korrekt vorgehen. Dazu gibt es praktische Musterbriefe bzw. das EU-Beschwerdeformular zum Ausfüllen, etwa von der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte oder vom Europäischen Verbraucherzentrum. In diesen Musterbriefen wird auf die entsprechende rechtliche Verordnung hingewiesen. Sie müssen lediglich die relevanten Informationen eintragen und schon kann der Antrag an die Fluglinie weitergeleitet werden.

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